Hinweise zur chinesischen Sprache (汉语 HanYu)
Hier sollen ein paar Hinweise / Grundlageninfos zur chinesischen Sprache vermittelt werden, denn die Fachterminologie für Tai Ji Quan, Yi Quan, Qi Qong usw. ist das Chinesische. Dabei gucken wir uns relativ kompakt etwas zu den chinesischen Schriftzeichen (汉字 HanZi), verschiedenen Umschriften (v.a. PinYin und Wade-Giles), Dialekten (Hochchinesisch, Kantonesisch), Tonhöhen und zum Thema Übersetzungen an.
- 汉语 HanYu – "chinesische Sprache"
- 汉 (漢) Hàn – Mann; chinesische Menschen / Chinesen; steht auch für: Chinesische Sprache; (und Han-Chinesen sind eigentlich eine Ethnie in China)
- 语 (語) Yǔ – Sprache; Zunge; Sprichwort; Zeichen, Signal; Worte, Aussagen; sprechen, sagen
1. Warum sich ein kleines bisschen Chinesisch lohnen könnte...
- die "Fachausdrücke" / das "Fachvokabular" in Tai Ji Quan, Qi Gong, Yi Quan usw. sind halt auf Chinesisch
- Wiedererkennung wenn man etwas liest oder hört (→ wenn man wiederholt den gleichen Wörtern begegnet...)
- chinesische Ausdrücke sind natürlich für uns zunächst mal viel schwieriger, aber machen für das Üben oft auch Sachen sehr viel einfacher
- beispielsweise ist es beim Yi Quan viel einfacher kurz zu sagen "lass mal Kai He Shi Li üben" (selbst wenn man die Bedeutung der Worte nicht kennt - meistens gewöhnt man sich an den Ton und weiß dann was gemeint ist)
- ... als das ganze z.B. so umschreiben zu müssen: „lass mal die Shi Li-Übung üben bei der man die Arme erst in der Ballhaltung oben hält und dann so seitlich nach außen-hinten-oben öffnet – mit den Handrücken nach außen – und danach nach innen-vorne-unten schließt, wie wenn man mit den Händen etwas zusammendrücken wollte“ o.ä.
- und idealerweise transportieren die Wörter noch Bedeutung für die Übungen (und dann wüsste man hier z.B. noch, dass "Kai He = Öffnen und Schließen" bedeutet - und "Shi Li" im Yi Quan die Übungen des "Kraft testens" sind...)
- was mir selber erst mit der Zeit wichtiger geworden ist: mit den chinesischen Originalausdrücke werden diese auch erhalten und weitergegeben (und so verlieren wir auch nicht die "Wurzel" zu den Ursprüngen dieser Systeme...)
Und auch schon mal vorneweg gesagt: fast alles von dieser Seite hier ist für das Üben nicht nötig - es soll vor allem Hintergrundinfos liefern für diejenigen, die ein bisschen weitergehend interessiert sind - und ein paar wesentliche Sachen der chinesischen Sprache verstehen oder wissen wollen.
2. Chinesische Schriftzeichen (汉字 HanZi)
- 汉字 HanZi – "chinesisches Schriftzeichen"
- 汉 (漢) Hàn – Mann; chinesische Menschen / Chinesen; steht auch für: Chinesische Sprache; (und Han-Chinesen sind eigentlich eine Ethnie in China)
- 字 Zì – hier: Wort; Zeichen/Schriftzeichen
Hier nur ein paar wesentliche Grundlagen zur Struktur von chinesischen Schriftzeichen:
- es gibt "Basisschriftzeichen", die nicht weiter zerlegt werden können
- sehr viele Schriftzeichen setzen sich aus mehreren Teil-Zeichen (Komponenten) zusammen - dabei gibt es u.a. zwei Arten von Komponenten:
- tongebende / phonetische Komponenten → diese "leihen" einem Schriftzeichen den Ton bzw. eine Aussprache (und verleihen dann i.d.R. keine Bedeutung)
- bedeutungsgebende Komponenten → diese geben dem Schriftzeichen eine zusätzliche, verändernde Bedeutung (und geben dann nicht die Aussprache vor)
- und manchmal ist es gar nicht so einfach (zumindest für "uns") herauszufinden, ob ein Zeichen durch eine Komponente einfach nur den Ton/die Aussprache geliehen bekommt, oder ob es (auch) eine Bedeutung hat...
- (unten folgt auch noch jeweils ein Beispiel für diese beiden Komponenten)
- sogenannte "Radikale" - auch als "Wurzelzeichen" oder "Klassenzeichen" bezeichnet - von denen oft gesprochen wird, können eine bestimmte Komponente eines Zeichens sein und ermöglichen eine Zuordnung von Schriftzeichen untereinander, was wiederum helfen kann, Schriftzeichen im Wörterbuch nachzuschlagen
- viele der traditionellen Schriftzeichen (heute oft auch als "Langzeichen" bezeichnet) wurden in den 1950er Jahren "modernisiert", d.h. vereinfacht und verkürzt (moderne "Kurzzeichen")
- in China sind Kurzzeichen üblich geworden
- z.B. in Taiwan werden die alten Langzeichen verwendet
- und das Japanische hat zwar auch eigene Zeichen entwickelt, aber viele japanische Zeichen sind identisch mit den chinesischen Schrifzeichen (auch wenn in Japan die Aussprache wieder anders ist - Japanisch...)
- wenn Schriftzeichen so oder so ähnlich bei mir auf der Website angegeben sind: 杨 (楊) ... dann ist das erste Zeichen immer das moderne Kurzzeichen und das Zeichen in Klammern das traditionelle Langzeichen
3. Umschriften – 拼音 PinYin und Wade-Giles
- 拼音 PinYin – "Geräusche zu Silben kombinieren"; aussprechen, phonetisieren
- 拼 / 拚 Pīn – zusammenstecken; verbinden; teilen; sein Leben riskieren; alles riskieren; (Worte) aussprechen
- 音 Yīn – Geräusch; Ton; musikalisches Geräusch; Note (Musik); Neuigkeiten; Silbe; lesen
Die offizielle Umschrift in unsere lateinischen Buchstaben für Chinesisch ist seit ca. 1957 "PinYin". PinYin orientiert sich in der Aussprache am Hochchinesischen = "Mandarin". Früher wurde jedoch (und zum Teil wird auch heute noch) jedoch nicht PinYin benutzt, sondern das System "Wade-Giles" (der Name geht auf zwei Forscher zurück). Gerade auch hier in Deutschland wird immer noch viel mit "Wade-Giles" geschrieben, weil es einfach bekannter ist. Allerdings wurde Wade-Giles durch PinYin ersetzt, weil es in der Bedeutung, Abgrenzung und Aussprache der Wörter Schwächen gab bei Wade-Giles (viele verschiedene Umschrift-Varianten bei Wade-Giles, viele Versionen ein und desselben Wortes – teilweise ohne und teilweise mit Apostrophen - z.B.: Tai, T`ai, … - die korrekte Aussprache ist schlecht ersichtlich bei Wade-Giles...).
Weiterhin gibt es auch mehrere Umschriftsysteme für das Kantonesische (s.u.) - mit das gebräuchlichste ist zur Zeit "Jyutping".
Beispiele für verschiedene Schreibweisen von an sich gleichen Wörtern/Ausdrücken:
杨 (楊) | 家 | 太 | 極 | 拳 | ||
Yáng | Jiā | Tài | Jí | Quán | – | PinYin |
Yang | Chia | Tai | Chi | Chuan | – | Wade-Giles |
Yeung | Gaa | Taai | Gik | Kyun | – | Kantonesisch (Jyutping) |
Yeung | Gar | Tai | Gik | Kuen | – | „Kantonesisch 2“ |
Übersetzungen:
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气 (氣) | 功 | ||
Qì | Gōng | – | PinYin |
Chi | Kung | – | Wade-Giles |
Hei | Gung | – | Kantonesisch (Jyutping) |
Hey | Gung | – | „Kantonesisch 2“ |
Übersetzungen:
|
Nochmals der Hinweis: in der alten Umschrift nach Wade-Giles gibt es verschiedenste Varianten mit und ohne Apostrophe. Diese lasse ich hier außer acht.
- Fazit: unterschiedliche Schreibweisen, gleiche Bedeutung! (natürlich nur, wenn die Wörter auf den gleichen Schriftzeichen beruhen)
- übrigens interessant: die geschriebene Sprache (die Schriftzeichen) ist allen chinesischen Dialekten gemeinsam, d.h. hier kann man sich verständigen (während das mit der gesprochenen Sprache - durch die verschiedenen Dialekte - nicht immer möglich ist)
- und weil die jeweiligen Umschriften (PinYin u.a.) auf chinesischen "Wörtern" bzw. Schriftzeichen (bzw. idealerweise auch auf der Aussprache) beruhen, schreibe ich mittlerweile gerne die Umschrift so, dass man noch die Wortbestandteile identifizieren könnte
- also beispielsweise eben Tai Ji Quan und Qi Gong - statt Taijiquan und Qigong
- das wird oft so gemacht und ist an sich auch vollkommen in Ordnung, legitim und ebenso gebräuchlich
- nur... bei Taijiquan und Qigong ist es eben schwieriger herauszufinden, dass diese "Wörter" aus mehreren Schriftzeichen bestehen - und welche das (zumindest der Aussprache nach) wären... bei Tai Ji Quan und Qi Gong ist es etwas einfacher zu sehen, dass es drei bzw. zwei Elementen sind - und welche es sind (Tai + Ji + Quan und Qi + Gong)
4. Dialekte
4.1 Hochchinesisch (PuTong Hua) = "Mandarin"
- 普通 Pu Tong – gewöhnlich; gemeinsam; allgemein
- 普 Pǔ – allgemein; universell
- 通 Tōng – offen; durch; öffnen; führen zu; verbinden; kommunizieren; verstehen; wissen; berichten; erzählen
- 话 (話) Huà – sprechen
Hochchinesisch (PuTong Hua = "gemeinsame Sprache") oder "Mandarin" ist mittlerweile die offizielle Sprache der VR China. Die meisten Chinesen "können" Hochchinesischn - aber nicht alle! China ist ein riesiges Land und von jeher gab und gibt es viele verschiedene Dialekte. Um das "Reich zu einen" und Austausch im gesamten Gebiet möglich zu machen, wurde eine gemeinsame Sprache ausgewählt und das ist nun seit längerem das Hochchinesische. Die offizielle Umschrift für Hochchinesisch ist Pinyin.
Im Hochchinesischen gibt es vier (bzw. fünf) Tonhöhen. (s.u.)
Bei mir sind mittlerweile praktisch alle Begriffe im Qi Gong, Yi Quan und (Chen-)Tai Ji Quan aus dem Hochchinesischen und mit PinYin umschrieben. Manche Begriffe aus meinem früheren Yang-Stil Tai Ji Quan sind durch das Kantonesische geprägt gewesen,, deshalb hier zumindest angesprochen:
4.2 Kantonesisch
Wie gesagt: es sprechen nicht alle Chinesen Hochchinesisch! Kantonesisch ist im Süden Chinas gebräuchlich, zum Beispiel in Hongkong (auf kantonesisch: Guangdong). Hier ist die Aussprache teilweise anders als im Hochchinesischen.
Viele Begriffe aus dem Yang-Stil Tai Ji Quan kamen bei mir aus der kantonesischen Aussprache und deren Umschrift, die an die Aussprache angelehnt ist. Deswegen sind nicht immer alle Begriffe einheitlich geschrieben.
Im Kantonesischen gibt es acht - oder manche sprechen sogar von neun - Tonhöhen, was die Aussprache noch differenzierter macht.
4.3 Weitere Dialekte
Es gibt noch weitere regionale Dialekte - mit teilweise jeweils eigenen Umschriften - in China...
5. Töne / Tonhöhen - Auswirkungen auf das geschriebene Wort!
Die vier Tonhöhen im Hochchinesischen führen dazu, dass ein und das selbe geschriebene Wort mindestens vier verschiedene Bedeutungsebenen haben kann. Die vier Tonhöhen sind:
- gleichbleibend hoch
- ansteigend (ähnlich wie am Ende deutscher Fragesätze)
- absteigend-ansteigend (erst absteigend, dann wieder ansteigend)
- absteigend
- daneben gibt es auch unbetonte Silben, die den sogenannten „leichten Ton“ haben, der manchmal als fünfter Ton betrachtet wird
Es hängt von der Tonhöhe (und auch dem Kontext) ab, was ein Wort bedeutet - gleich geschriebene Wörter sind also nicht zwingend gleich! - Und selbst bei gleicher Tonhöhe kann unterschiedliches gemeint sein – hinter jedem Wort steht ja ein chinesisches Schriftzeichen (Han Zi; kant. Hon Zi) – und es gibt auch gleich ausgesprochene Wörter und dadurch in PinYin gleich geschriebene (eben auch mit gleicher Tonhöhe), die dann doch unterschiedliches bedeuten – es kommt dann also auch auf den Kontext an, bzw. im Zweifel welches Schriftzeichen genau sich hinter dem Wort verbirgt.
Beispiel anhand des Wortes "Shen":
Erste Tonhöhe | = gleichbleibend hoch: | Shēn | 身 | Bedeutung: Körper |
Zweite Tonhöhe | = ansteigend: | Shén | 神 | Bedeutung: Geist |
Dritte Tonhöhe | = absteigend-ansteigend: | ShěnShen | 婶婶 | Bedeutung als Ganzes: Tante (Ehefrau des jüngeren Bruders des Vaters) |
Vierte Tonhöhe | = absteigend: | Shèn | 腎 | Bedeutung: Nieren |
Neutraler Ton | = neutral/"unbetont": | ShěnShen | 婶婶 | Bedeutung als Ganzes: Tante (Ehefrau des jüngeren Bruders der Vaters) |
... Und es sind viele weitere Wortbeispiele mit den jeweiligen Tonhöhen möglich, die wieder anderes bedeuten, weil andere Schriftzeichen dahinter stehen, die einfach nur gleich ausgesprochen werden. (und Anmerkung: wie man bei "婶婶 ShenShen" sehen kann, hat das Chinesische manchmal auch eine Vorliebe für "Wortdopplungen"...)
Da ich Chinesisch nicht annähernd perfekt kann, sondern lediglich zwei Grundlagenkurse besucht habe, benutze ich hier auf der Webseite meistens nur die Wörter ohne phonetischen Zeichen - zumindest in zusammengesetzten Wörtern, wo sich die Töne/Tonhöhen nämlich ändern können (!) - bei einzelnen Worten versuche ich meist, die Tonhöhe mit anzugeben! Und so oder so bitte immer daran denken, dass zunächst gleich geschriebene Wörter erstens unterschiedliche Schriftzeichen dahinter meinen können und zweitens selbst bei gleichem "Schrifzeichen" ein Wort mehrere Bedeutungsebenen haben kann.
6. Kurz etwas zur Grammatik...
Weil es auch für Übersetzungen (siehe nächster Punkt 6) relevant ist, möchte ich hier nur kurz einen wissenswerten Punkt reinnehmen:
- viele sagen, die Grammatik des Chinesischen sei relativ einfach...
- das liegt unter anderem daran, dass es keine richtigen Deklinationen von Substantiven gibt - ein Beispiel:
- 老师 LaoShi heißt "Lehrer"
- 老 Lǎo – alt; erfahren; altmodisch, obsolet; original, früherer/frühere/früheres, gleich
- 师 (師) Shī – Lehrer, Tutor; Meister; Modell, Beispiel; von seinem Meister/Lehrer; lernen; imitieren; Truppen; militärische Einheit
- und zwar heißt 老师 LaoShi sowohl:
- (ein) männlicher Lehrer
- (ein) weiblicher Lehrer = Lehrerin
- (mehrere) männliche Lehrer
- (mehrere) weibliche Lehrer(innen)
- (jeweils eine/einer oder mehrere) weibliche und männliche LehrerInnen
- ... natürlich kommen dann oft noch weitere andere Wörter dazu um hier manches unterscheiden zu können - aber der Begriff an sich verändert sich nicht in der Aussprache o.ä. und kann eben alles das bedeuten
- 老师 LaoShi heißt "Lehrer"
7. Aufpassen bei Übersetzungen...
Aus verschiedenen Gründen muss man bei Übersetzungen von der einen in die andere Sprache immer aufpassen, z.B.:
- wörtliche Übersetzungen passen manchmal, aber längst nicht immer
- u.a. haben Wörter in unterschiedlichen Kontexten/Zusammenhängen und Situationen undunterschiedliche Bedeutungen (d.h. das gleiche Wort muss auch unterschiedlich übersetzt werden)
- neben dem konkreten Kontext der jeweiligen Benutzung haben viele Wörter auch einen kulturellen Kontext, den man nur nachvollziehen kann, wenn man die Kultur an der Stelle gut genug kennt
- viele Wörter wurden in der Vergangenheit anders benutzt (hatten andere Bedeutungen) als heute (Sprache verändert sich, Bedeutungen verändern sich...)
- zusätzlich zum Kontext haben Wörter auch oft andere Bedeutungen wenn sie mit anderen Wörtern zusammen vorkommen (also als "Wortzusammensetzungen") - das ist im Chinesischen auch sehr oft der Fall (so ein bisschen wie bei uns beispielsweise das Wort "Bank" mehrere Bedeutungen hat - und auch im Wort "Sitzbank" eine andere Bedeutung hat wie im Wort "Bankkaufmann")
- und dann zum Schluss noch mal allgemein der Hinweise, aber auch insbesondere für Wörter und Ausdrücke, die im Tai Ji Quan, Qi Gong, Yi Quan usw. vorkommen: chinesische Ausdrücke erklären oft nicht direkt (wörtlich), was gemeint ist – es braucht i.d.R. konkrete Erklärungen und Instruktionen, und damit Interpretationen, wie etwas gemeint ist
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