Was ist Yi Quan / I-Chuan?

 

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DingBa Bu GouGua Zhuang

 

 

Yì (I) = Vorstellungskraft
Quán (Chuan) = wörtlich Faust, im übertragenen Sinne Kampfkunst, Boxen

 

Yi Quan - oder in alter Schreibweise "I-Chuan" - ist auch unter einem weiteren, nicht mehr so gebräuchlichen Namen bekannt:  "大成拳 Da Cheng Chuan" - wörtlich übersetzt in etwas "Vollendetes Boxen". (der Begründer des Yi Quan hatte diesen letztgenannten Begriff aber selbst abgelehnt, da es seiner Meinung nach nie ein "Ende" der Entwicklung gibt und man immer noch etwas "verbessern" kann - das Yi Quan also nicht "vollendet" im Sinne von "ein für allemal fertig" sein kann...)

 

Yiquan ist Bewegung, Meditation und Kampfkunst in einem:

 

Shili-Übung - Daniel im Mai 2009


Die chinesische Kampf- und Bewegungskunst Yiquan (gesprochen in etwa: „ii’ tschüan“) wurde im letzten Jahrhundert von Meister Wang Xiangzhai, einem Kung Fu- und Qigong-Experten, begründet. Das Besondere am Yiquan ist die Einfachheitund Wirksamkeit durch Konzentration auf wesentliche Prinzipien, die sogenannte „innere Arbeit“ (Neigong). Dadurch kann Yiquan als eine Art Universalmethodefür Qigong und asiatische Kampfkunst bezeichnet werden. Anders als bspw. beim Taijiquan müssen keine längeren und komplizierten Bewegungsabfolgen erlernt werden. Yiquan baut auf den gleichen Grundprinzipien wie Qigong und Taijiquan auf – und gerade die Einfachheit der Yiquan-Übungen macht sie für uns „Westler“ gut zugänglich. Ausgehend von Bewegungen in Kombination mit geistiger Konzentration, Ruhe und Vorstellungen werden Geist und Körper gleichermaßen intensiv trainiert.

Es gibt vielfältige und abwechslungsreiche Übungen im Stehen, Gehen, Sitzen und Liegen. Ruhe und Bewegung werden zur Einheit. Yiquan verbessert die Körperhaltung, trainiert die Tiefenmuskulatur, bringt Kraft und Beweglichkeit, dient der Entspannung und schenkt Vitalität. Die Qigong-Basisübungen des Yiquan für Gesundheit, Entspannung und Wohlbefinden sind leicht in den Alltag zu integrieren. In fortgeschrittenen Übungen kann Yiquan bis zu einer vollständigen chinesischen Kampfkunst („Kung Fu“) ausgebaut werden. Yiquan als eigenständiges Übungssystem ist für jedes Alter und jeden Leistungsstand geeignet.

Yiquan kann durch seinen universellen Ansatz und seine einzigartige Trainingsmethode auch sehr gut ergänzend, ausgleichend und bereichernd zu anderen Sportarten, Entspannungsmethoden oder Kampfkünsten ausgeübt werden.

Ich selbst habe Yiquan bereits im Oktober 2004 bei Jumin Chen kennengelernt und bin seitdem begeistert von der Einfachheit, Tiefe und Effektivität dieses aus meiner Sicht "genialen" Systems.

 

Yi Quan enthält vier große Übungsbereiche und ist damit sehr vielseitig einsetzbar und äußerst effektiv:

  1. Yiquan als "Qi Gong" / Prävention: Gesundheitsfördernde Qi Gong-Übungen des Yi Quan. Hierbei geht es um grundlegende einfache Übungen die der Gesunderhaltung / Prävention, Entspannung und sanften Kräftigung des Körpers dienen. Dazu gehören stille und bewegte Qigong-Übungen, die im Stehen, Gehen, Sitzen und Liegen ausgeführt werden können. Die drei wesentlichen Trainingsbereiche sind hier: Zhan Zhuang, Shili und Mocabu, die dann eben auch als "Yiquan-Qigong" bezeichnet werden können. Diese Basisübungen sind jedoch nicht nur ein Gesundheitstraining, sondern gleichzeitig stellen sie auch das notwendige Grundlagentraining dar, wenn man Yiquan als Kampfkunst ausüben will.

  2. Yiquan als Kampfkunst 1: Schlag-, Tritt- und Schritttraining. Hier werden die Herz-Kreislauf-intensiveren, konditionsfördernden schnellen Yiquan-Techniken geübt. Dieses Training kann einerseits als Fitness-Training und andererseits als Aufbaustufe und Erweiterung für diejenigen, die Yiquan als Kampfkunst üben wollen, betrieben werden. Die erworbenen Fertigkeiten aus dem Schlag-, Tritt- und Schritttraining können dann in das Partnertraining (Tuishou & Sanshou) integriert werden.

  3. Yiquan als Kampfkunst 2: Partnertraining. Dazu gehören dann die Partnerübungen des Yiquan wie Tuishou/Push Hands und Sanshou/Freikampf bzw. Misch- und Zwischenformen dieser beiden Übungsbereiche. Für dieses Partnertraining ist ein Erlernen der Yiquan-Grundlagen in Form des Yiquan-Qigong erforderlich. Das aufbauende Training der Schlag-, Tritt-, Schritt- und Entladungstechniken verfestigt diese Grundlagen und bringt auch das Partnertraining erst zur vollen Entfaltung und Anwendung.

    Yiquan als Kampfkunst ist aus dem inneren Kampf-Stil Xingyiquan hervorgegangen und wurde sowohl von Taijiquan als auch Baguazhang u.a.m. beeinflusst.


  4. Yiquan als "Therapie" (nicht Teil unseres Angebots!). Yiquan wird in China auch erfolgreich als Therapie bzw. ergänzende Therapiemaßnahme neben anderen schulmedizinischen oder alternativen Verfahren angewendet. Yiquan als Therapie kann jedoch nur angewendet werden (hier in Deutschland und auch generell) von Menschen mit therapeutischer Ausbildung und Befugnis wie Ärzte, Heilpraktiker, Physiotherapeuten, Psychotherapeuten, insofern - erneut - ist dieser Punkt nicht Teil unseres Angebots.

 

 
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Yiquan besteht aus folgenden acht Haupt-Trainingsbereichen:Shili-Übung - Daniel im Mai 2009

 
  1. Zhan Zhuang - "Stehen wie ein Baum" / "Stehende Säule"
    Die Übung des Zhan Zhuang bildet die Basis des Yiquan und ist für Anfänger wie Fortgeschrittene gleichsam von Bedeutung. In zahlreichen von außen betrachtet statisch erscheinenden Haltungen werden mit der Vorstellung Bewegungen, Kraftrichtungen und -qualitäten und vieles mehr geübt, mentale Impulse zur Muskulatur geschickt, die Körperstruktur/Körperhaltung optimiert, der Körper zu einer Einheit "verschmolzen", Körpereigenwahrnehmung geschult und verfeinert. Die Praxis des Zhan Zhuang ist besonders wirksam zur Gesundheitspflege und Rehabilitation und wurde schon als die wichtigste einzelne Qigong-Methode bezeichnet. Auch in anderen Kampfkünsten wie Taijiquan, Baguazhang und Xingyiquan spielt Zhan Zhuang eine Rolle. Zhan Zhuang stellt im Rahmen des Kampfkunsttrainings im Yiquan ein wichtiges "Krafttraining" und Training für alle inneren Prinzipien dar.

  2. Shili - "Kraft genießen/testen"
    Shili ist Zhan Zhuang in Bewegung - Zhanzhuang ist Shili in Ruhe. Diese beiden Bereiche gehören zusammen. Im Yiquan gibt es einige Shili-Übungen, unter anderem auch alle Schläge, Tritte usw., bei denen verschiedene innere Prinzipien zur Erzeugung von Kraft und letztlich Kombinationen der sechs Kraftrichtungen (öffnen/schließen, vor/zurück, oben/unten) unter Beibehaltung der optimalen Körperstruktur geübt werden. Shili wird zunächst sehr langsam geübt um achtsam, entspannt und sensitiv zu bleiben sowie eine Führung der Bewegungen durch die Vorstellung zu ermöglichen und weiter einzuüben.

  3. Mocabu / Zoubu - Beintraining und Schritte
    Mocabu = „reibender Schritt“ (oder auch Zoubu) ist die grundlegende Schritttechnik im Yiquan. Der Name leitet sich aus der Bewegung beim Reiben von Tusche in der Kalligrafie ab. Mocabu ist sozusagen Shili für die Beine und entwickelt neben der Schritttechnik auch die Sensitivität und Wahrnehmung sowie Stabilität und Mobilität der Füße und Beine. Mocabu wird auch mit Shili kombiniert geübt.

  4. Tui Shou - schiebende/klebende Hände, engl. Push Hands oder Pushing Hands
    Tuishou bedeutet „Schiebende Hände“ und ist auch als „Push Hands“ oder "Pushing Hands" bekannt. Hierbei handelt es sich um Partnerübungen, bei denen versucht wird, unter Beibehaltung der eigenen Struktur, Verbundenheit und Stabilität „Lücken“ beim Partner zu finden oder selbst herbeizuführen und diesen zu destabilisieren und zu kontrollieren oder Fali einzusetzen.

  5. Fali - "die Kraft explodieren lassen"
    Fali bedeutet „Aussenden von Kraft / Explodieren der Kraft“. Aus einem entspannten Zustand heraus wird in der Kampfanwendung explosive Kraft freigesetzt. Hierzu werden praktisch alle Shili-Übungen inkl. Schlägen, Tritten usw. zunehmend "explosiv" geübt. Anfangs auf der Stelle, später auch mit Schritten bis hin zu freier Schrittarbeit.

  6. San Shou - "zerstreuende Hände" / Freikampf
    Sanshou ist die letztlich freie Anwendung der Yiquan-Prinzipien im Freikampf.

  7. Shisheng - Einsatz der Stimme / Atmung
    Beim Shisheng wird durch bestimmte Laute die Atmung und innere Struktur trainiert. Am Anfang sind diese Laute hörbar, später werden sie nur noch innerlich ausgeführt.

  8. Jianwu - "Gesundheitstanz"
    Der Jianwu ist eine fortgeschrittene Übung bei der alle einzelnen Elemente frei miteinander kombiniert und spontan geübt werden. Schnell und langsam, auf der Stelle und Schritte - alles kann sich dabei abwechseln. Jianwu ähnelt am ehesten den "Formen" (Taolu, Kata) die man aus anderen Kampfkünsten kennt - hier im Yiquan gibt es jedoch keine festgelegte Reihenfolge. Der Jianwu sieht jedesmal anders aus.

 

 

 

 

 

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